WETTBEWERB „MICRO HOME“ VON BUILDNER 2024
In Zeiten des Klimawandels kommt es zu immer mehr unvorhersehbaren Umweltkatastrophen, die durch ihre Auswirkungen ganze Landschaften und Ortschaften zerstören. Sei es durch Fluten, Brände, Stürme etc.. Wir haben ein Konzept für ein Tiny Haus entwickelt, welches innerhalb kürzester Zeit neuen Wohnraum in den betroffenen Katastrophengebieten schafft und den Bedarf an fehlenden Unterkünften aufnimmt. Die Tiny Häuser werden nicht als Erstunterkünfte eingesetzt, sondern ermöglichen ein komfortables Wohnen auf kleinem Raum, für die nächsten Jahre, bis das vorherige Eigenheim wieder aufgebaut werden konnte. Durchgespielt wird das Konzept exemplarisch am Beispiel der Flutkatastrophe im Bad Neuenahr-Ahrweiler
(Westdeutschland) aus dem Jahr 2021. Über 180 Menschen starben bei dieser Flut, davon allein 135 im Kreis Ahrweiler. Tausende von Gebäuden wurden beschädigt oder zerstört, die Infrastruktur wurde schwer getroffen und viele Menschen verloren ihr Hab und Gut und Wohnheim. Das Ziel war es, für solche Gegebenheiten ein Tiny House zu entwickeln, was schnell transportiert und montiert werden kann und in seiner Struktur modular ist, um in der Lage zu sein, innerhalb kürzester Zeit ganze Siedlungsstrukturen neu aufzubauen. Unversehrte Flächen in der Umgebung, wie Parkplätze oder Felder, können als Plattform für die neue Struktur genutzt werden.
ARCHITEKTUR/KONSTRUKTION
Das Tiny Haus hat eine Transportgrundfläche von L4,3m x B3,3m. Das ermöglicht den Transport von zwei Häusern auf einem LKW. Jedes Modul ist auf einem eigenen fahrbaren Rahmen montiert, um das finale Platzieren zu erleichtern. Sowohl das Mobiliar, als auch alle haustechnischen Anschlüsse des Gebäudes sind vormontiert.
Die einzelnen Gebäuderinge werden vor Ort auseinander gezogen und 1,2m breite, mitgelieferte, Bodenplatten werden zwischen die Funktionseinheiten, mittels eines Klicksystems gesetzt. So spannt sich zwischen den einzelnen Funktionszonen die Bewegungsfläche des Hauses auf und erweitert die Grundfläche auf L7,5m x B3,3m. Die U-förmigen Faltschiebefenster werden über ein Schienensystem aus den festen Gebäudeteilen ausgezogen und am gegenüberliegenden Element eingehakt. Einige Fenster können gekippt geöffnet werden, bei Bedarf kann das ganze System zur Seite geschoben werden, um ein Wohnen im „Freien“ zu ermöglichen.
Die einzelnen Bodenplatten und Bodenflächen der Funktionseinheiten sind mit einem Hohlboden (mit Hohlbodenstützen) ausgestattet, sodass alle Leitungen und die Aquabank, für das Speichern des Regen-/Trinkwasser und Abwassertanks, innerhalb des Gebäudes, verlaufen können und man keinen gesonderten Anschluss unterhalb des Gebäudes nutzen muss.
Auf den Dachflächen, die mit einem trapetzprofilierten Dachpaneel verkleidet sind, werden Photovoltaik Systeme platziert. Somit können die einzelnen Gebäudeeinheiten weitestgehend autark funktionieren. Je nach Untergrund können zudem noch Doppelbodenstützen unter dem Gebäude angebracht werden, um Ungleichheiten auf Bodenebene auszugleichen. Für die Holzrahmenkonstruktion werden regionale Hölzer verwendet, zwischen denen das Dämmmaterial liegt. Innerhalb der Fußbodenebene befinden sich Terrassenelemente und Terrassenmöbel, die nach dem Aufbau ausgezogen, ausgeklappt und mit einem Abstand zum Gebäude platziert werden. Dadurch entsteht ein Ort für soziale Interaktion innerhalb der Siedlung. In dem Hohlraum des Vordachs befindet sich beim Transport die Zugangsrampe. Diese wird ausgeklappt und vor das Gebäude gesetzt, um einen Barrierefreien-Zugang zu ermöglichen.
Dadurch, dass das Gebäude komplett vormontiert und innerhalb weniger Stunden bezugsfertig ist, sowie weitestgehend aus regionalen Materialien gefertigt ist, ist dies ein kosteneffizientes Konzept, was den Wohnraum erschwinglich und schnell zugänglich machen soll.
NUTZUNG TAG
Die vormontierten Gebäudeeinheiten gliedern sich in vier festgelegte Funktionsbereiche, die sich entsprechend des Tagesablaufs anpassen lassen.
Das gesamte Gebäude ist auf eine barrierefreie Nutzung ausgelegt, so befinden sich zwischen den festen Elementen, freie Bewegungsflächen mit einem Bewegungsradius von min. 1,2m, die Flurbreiten haben ein Durchgangsmaß von min. 0,8m. Zu Beginn liegt der Eingangsbereich mit einer angeschlossenen Küchenzeile und Stauraum. Das zweite Gebäudeelement weist gegenüberliegend des Eingangsbereichs eine Garderobe auf. Rückseitig ist hier das fest installierte Sofa platziert, welches sich zum Wohnzimmer hin öffnet. Auf der linken Seite befindet sich ein Tisch mit zwei Sitzplätzen. Im ausgeklappten Zustand kann dieser als Arbeitsplatz, oder im eingeklappten Zustand als Essplatz für zwei Personen genutzt werden. Im dritten Gebäudeteil sind das Bett und ein Waschbecken verortet. Das Bett bildet im eingeklappten Zustand die zweite Begrenzung des Wohnzimmers und dient als Wandfläche für den TV. Eine danebenliegende Schiebetür ermöglicht die Unterteilung der Einheit und sorgt für Privatsphäre. Das Badezimmer teilt sich im Tiny House mit seinen wesentlichen Bestandteilen auf einzelne Raumstrukturen auf, sodass sich das Waschbecken im dritten Abschnitt befindet und sich das WC und die Dusche im letzten Gebäudering auch jeweils als eigenen Raum ausbilden.
Zusätzlicher Stauraum befindet sich in allen vier Funktionsbereichen und ist hier in oder um die Möbeleinheiten platziert. Das Gebäude ist auf den Nutzungsbedarf eines berufstätigen Pärchens ausgelegt. Sollte der Platzbedarf z.B. für eine vierköpfige Familie größer sein, lassen sich zwei Gebäude rückseitig über eine Verbindungstür, an Stelle der Dusche miteinander Verbinden. So entsteht ein Durchgang, die Dusche und das WC würden sich in diesem Falle nicht neben, sondern hintereinander anordnen. Um die Nahversorgung durch ein gewerbliches Angebot im umgesiedelten Quartier zu sichern, kann die vormontierte Ausstattung/Möblierung, entsprechend dem gewerblichen Nutzen angepasst werden.
NUTZUNG NACHT
Bei Nacht lässt sich das Bett um 90 Grad drehen und es spannt sich zwischen Wohnzimmer und Dusche der Schlafbereich auf. Das Verändern der Funktionseinheiten kann auch als Einzelperson spielend leicht durchgeführt werden.
Die Überkopf verglasten Fensteranlagen sind ein wichtiges Element, um dem Gebäude, trotz der geringen Grundfläche von 25m² (inkl. Außenwänden), einen großzügigen Charakter zu verleihen. Um die Einfachheit in der Nutzung zu gewährleisten, konzentriert sich die Formensprache auf gradlinige Formen. Die einzelnen Funktionseinheiten schließen, bzw. öffnen sich konisch zueinander, um die maximale Fläche an Bewegungsfreiheit im Zwischenraum zu gewährleisten.
Das KS1000 RW Trapezprofilierte Dachpaneel, von Kingspan unterstreicht visuell das Gestaltungskonzept und unterstützt durch seine eigenen Dämmeigenschaften, den geringen Wandaufbau. Durch die Doppelwandigkeit der Gebäudekonstruktion wird die Dämmwirksamkeit zusätzlich unterstützt. Um ein einheitliches Bild zu erzeugen, platziert sich das Kingspan System nicht nur in der Dachabdeckung, sondern auch im Fassadenbereich rund um die Gebäudestruktur. Auf der Dachseite lassen sich dank des KS1000 RW auch Photovoltaiksysteme anbringen. Der LK1 600 18 F171 Hohlboden mit Fließestrich, ermöglicht es sämtliche Leitungsführungen (Wasser/Strom) inner- oder unterhalb des Bodens zu installieren. Ohne diese Technik und den verbauten M16-SG5 Doppelbodenstützen wäre das Konzept eines komplett vormontierten Hauses, was unabhängig von dem gegebenen Untergrund ist, undenkbar. Zudem befinden sich im Hohlraum des Bodens noch mehrere 200L AquaBank Kanister von Kingspan, um sowohl Regen-/Trinkwasser zu speichern, als auch das Abwasser zu sammeln. Über Revisionsklappen im Boden können die Tanks bei Bedarf aus und eingesetzt werden.